Patrick Reiß
im Interview mit Contact & Cooperation Würzburg e.V.
Möchtest du zu Beginn kurz etwas zu Dir persönlich erzählen? Wer bist Du, was machst Du und woher kommst Du?
Klar, gerne. Mein Name ist Patrick Reiß, ich bin 32 Jahre alt, komme ursprünglich aus Karlsruhe und habe einen kleinen Sohn, der inzwischen schon 8 Jahre alt ist. Aktuell arbeite ich bei DB Schenker und verantworte als Vice President den Bereich Global Spend Governance. Ansonsten zu mir persönlich, neben der Arbeit liebe ich Musik, die Natur, gutes Essen oder auch mal ein gutes Buch.
Erzähl uns gerne etwas über Deine bisherige berufliche Laufbahn. Was für Stationen hattest Du in Deinem bisherigen Leben? Welche Ausbildung hast Du gemacht?
Nach meinem Wirtschaftsabitur habe ich eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann bei der EnBW gemacht. Später habe ich dann nebenberuflich BWL studiert. In Summe war ich vier Jahre bei der EnBW, habe davon zweieinhalb Jahre die Ausbildung gemacht und bin dann im Anschluss dort im Einkauf gelandet und bis heute auch dem Einkauf treu geblieben. Es war eine tolle Zeit, hat jede Menge Spaß gemacht, ich habe viel mitgenommen, tolle Leute kennengelernt, hatte gute Mentoren, Coaches und Unterstützer.
Nach den vier Jahren bin ich in die Managementberatung zu Porsche Consulting gewechselt, habe dort den internen Einkauf aufgebaut und geleitet. Zielsetzung war es einen Best-in-Class Einkauf aufzubauen, der auch unseren externen Klienten einen Eindruck geben sollte, was Operational Excellence im Procurement bedeutet. Außerdem war ich neben unserem Einkauf auch in verschiedenen Klientenprojekten tätig, was eine tolle Kombination war, beide Seiten mitzubekommen. Also einerseits den Einkauf zu managen und andererseits Klienten zu beraten. Porsche Consulting war und ist heute noch ein ambitioniertes Umfeld mit tollen Kollegen, mit einer Vollgas- und Hands-on-Mentalität, ausgeprägter Leistungskultur. Und auch da hatte ich einen hervorragenden Chef und gute Wegbegleiter. Am Ende des Tages bin ich dann fünf Jahre dort geblieben, was ich anfangs nie gedacht hätte. Man sagt ja manchmal so flapsig „Beraterjahre zählen doppelt“.
Anschließend bin ich dann zu MediaMarktSaturn gekommen, in ein ganz anderes Umfeld. Eine große, internationale Firma, in einer ganz anderen Branche und mit einigen Schwierigkeiten zu dem Zeitpunkt. Dort habe ich das Travel Management aufgebaut, international eine neue Travel Policy etabliert, ein Reisebüro und verschiedene Tools eingeführt, Mietwagen- und Hotelausschreibungen gemacht. Ich würde sagen, dass war klassisches Category Management. Darüber hinaus habe ich ein Kostenprogramm sehr eng mitbegleitet, was spannend war zu der Zeit. Insgesamt kann ich sagen, dass ich dort umgeben war von sehr erfahrenen Category Managern. Das war gut, da ich von ihnen und deren Erfahrung viel lernen und mitnehmen konnte. Nach drei Jahren Dauerkrisenmodus war es an der Zeit für mich einen neuen Weg einzuschlagen. Grundsätzlich sind Krisen für mich nie ein Problem gewesen, sondern immer eine Chance. Allerdings hatte ich andere Vorstellungen wie wir dieser Krise hätten begegnen sollen. Deshalb habe ich das Unternehmen letztlich verlassen. Es ist wichtig, dass man immer etwas tut, von dem man überzeugt ist und was einem Spaß macht.
Deshalb bin ich dann im Oktober 2019 zu DB Schenker gewechselt, wo ich inzwischen seit gut zwei Jahren arbeite – und viel Spaß habe.
Welchen Bereich innerhalb von DB Schenker verantwortest Du?
Der Gesamtbereich nennt sich Global Spend Management, welcher sich noch mal in drei Teilbereiche untergliedern lässt: Global Procurement, Global Real Estate Management und Global Spend Governance. Für letzteren bin ich verantwortlich.
Wir sind die Governance und Strategie Abteilung für Global Spend Management. Der Bereich unterteilt sich in vier Teams: Principles & Processes, Performance Management, Transformation & Change und das eProcure Projektteam. Das Team Principles & Processes entwickelt, implementiert und supported unsere globalen Policies, Prozesse, Tools und Applikationen, die wir bei Global Spend Management im Einsatz haben. Das Team Performance Management optimiert unsere Datentransparenz und zeigt mit Hilfe intelligenter Systeme Potentiale auf. Das Team Transformation & Change ist für die Entwicklung und Exekution unserer Strategie, das Capability Management und unsere internationale Kommunikation zuständig. Und das vierte Team ist ein reines Projektteam. Da geht es um die Einführung eines neuen E-Procurement Tools, das wir in einem dreijährigen Transformationsprogramm in über 50 Ländern implementieren.
Wie groß ist der Bereich? Wie viele Mitarbeiter*innen leitest Du?
In Summe haben wir bei Global Spend Management 500 Mitarbeiter, und sprechen über einen Indirect Spend von etwa zwei Milliarden EUR jährlich. Mein Team umfasst 35 Personen, inklusive dem eProcure Projektteam.
„Ich sage immer Erfolg ist planbar.
Den Erfolg zu planen bestimmt meinen Alltag.“
Wie sieht ein klassischer Berufsalltag bei Dir aus? Welche Tätigkeiten/Aufgaben zählen in das Alltagsgeschäft? Gibt es denn ein Alltagsgeschäft?
Einen richtigen Berufsalltag gibt es eigentlich nicht, was aber auch ein bisschen an der Rolle als Governance und Strategie Abteilung liegt. Wir arbeiten immer wieder an ganz unterschiedlichen Themen, Initiativen und Projekten in einem sehr dynamischen Business. Ganz generell kann ich aber sagen, dass für mich die Themen Menschen, Daten und Technologie die Game-Changer unserer Zeit sind. Und danach richte ich all unsere strategischen Initiativen und auch meine persönlichen Handlungen aus. Ganz konkret heißt das beispielsweise, dass ein Morgen für mich mit einer guten Tasse Kaffee und dem Blick in eines unserer Dashboards beginnt. Das Thema Daten – bei uns im Team sage ich oft „Data is the new gold“ – ist extrem wichtig. Wir müssen uns damit beschäftigen, die richtigen Daten zu bekommen, mit der richtigen Granularität, angereichert durch externe Komponenten und Informationen und dadurch Wettbewerbsvorteile schaffen. Das ist beispielsweise so eine Sache, die für mich zum Alltagsgeschäft gehört. So starten wahrscheinlich vier von fünf Arbeitstagen würde ich sagen.
Ansonsten lege ich sehr viel Wert auf Strategie und Leadership, das ist ebenfalls Bestandteil meines Alltags. Wir haben viele regelmäßige, wöchentliche Steuerungstermine, beispielsweise mit meinen Direct Reports, den verschiedenen Teams oder Steering Committees. Diese müssen gut vorbereitet werden. Auch das ist Teil meines Alltags. Ebenso wie ein aktives und zielgerichtetes Stakeholdermanagement. Aus meiner Sicht sind ein gutes Stakeholdermanagement und eine gute Vorbereitung oft der Schlüssel zum Erfolg. Erfolg ist planbar. Den Erfolg zu planen bestimmt sozusagen meinen Alltag.
Hast Du durch Deine Position bestimmte Einschränkungen – beispielsweise im privaten Alltag – die Dich stören?
Das Wichtigste als Führungskraft ist, dass man ein Team hat, auf das man sich verlassen kann, das stark und selbstbewusst ist, eine klare Meinung hat und selbst Entscheidungen trifft und auch für diese einsteht. Wenn man das hat, dann entlastet das einen in jeglicher Hinsicht. Klar hat man ab einer gewissen Position Einschränkungen im Privaten, es gibt lange Arbeitstage, man hat viel Verantwortung, manchmal auch Druck und Stress, ich glaube da muss man einfach lernen mit umzugehen, sich eine Resilienz schaffen. Wenn man ins Management möchte, dann heißt es einfach auch die Extrameile zu gehen, mehr Zeit zu investieren und privat auch mal zurückzustecken. Für mich ist daher wichtig, dass ich ein Team habe, auf das ich mich verlassen kann. Das hilft auch, dass man nicht bei jedem wichtigen Termin selbst dabei sein muss. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass man die freie Zeit dann nutzt, um seine Batterien wieder aufzuladen. Zeit mit der Familie, Sport oder Gitarre spielen hilft da in meinem Fall.
“Menschen, Daten und Technologie sind die Game-Changer unserer Zeit.“
Was gefällt Dir besonders gut an Deinem Job?
Auf der einen Seite viele Gestaltungsmöglichkeiten. Dann in einem sehr internationalen Umfeld zu arbeiten, mit einem sehr internationalen und diversen Team. Das macht Spaß! Mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu arbeiten, sich auszutauschen, andere Kulturen kennenzulernen. Ich bin auch der Ansicht, dass jeder etwas tun sollte, das ihm Freude macht. Ich glaube nur dann bist du in der Lage auch wirklich Höchstleistung zu erbringen. „Love it, change it, or leave it”, das gilt aus meiner Sicht sowohl für das Berufs- als auch für das private Leben. Klar muss man auch einfach mal durchhalten, und es gibt auch mal Zeiten, da machts nicht so viel Spaß. Es gehört dazu, das zu überstehen. Aber wichtig ist, wenn das länger anhält, dass man in den „Change-it“-Modus umschaltet.
Was sind Deine Zukunftsvisionen und was möchtest Du in den nächsten fünf Jahren erreichen?
Gute Frage, ehrlich gesagt kann ich das gar nicht so genau beantworten. Wichtig ist mir persönlich immer etwas zu tun, bei dem ich etwas bewirke und dass ich die Welt heute ein bisschen besser mache, als sie gestern war. Ich bin kein Verwalter, sondern Denker und Macher und Verbesserer. Das ist das Umfeld, das ich vorfinden muss. Ich könnte mir im nächsten Schritt vorstellen, die Gesamtverantwortung für eine größere Procurement Organisation zu übernehmen. Ich bin aber auch grundsätzlich offen für anderes. Ich war immer und bin sehr interessiert an der Startup Szene. Etwas Eigenes kann ich mir daher auch gut vorstellen.
Wie sehen Deine Arbeitszeiten ungefähr aus? Wie viele Stunden arbeitest Du am Tag/ in der Woche wirklich?
Grundsätzlich finde ich, dass quantitative Arbeitszeit überhaupt nichts aussagt. Das sagt kurzfristig etwas über das Engagement aus, aber nichts über die Qualität, den Erfolg, oder die Belastung. Eine 38h-Woche kann furchtbar sein, wenn man den falschen Job hat und eine 70h-Woche kann toll sein, wenn etwas dabei rumkommt. Daher finde ich, dass das Thema Zeiteinsatz kein wirklicher Maßstab ist. Wenn auch, zumindest in den ersten Monaten eines neuen Jobs, sicher eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich sein zu können. Bei mir persönlich variiert die Arbeitszeit so zwischen 50-60h die Woche, selten auch mal mehr. Das hängt auch immer ein bisschen von den Projekten ab und in welcher Phase des Projektes wir uns gerade befinden.
„Beratung ist definitiv eine harte, aber eine gute Schule für Beruf und für das Leben.“
Du warst auch mal ein paar Jahre in der Beratung tätig. Was konntest Du insbesondere aus dieser Zeit für Deine späteren Berufe mitnehmen?
Auf jeden Fall sehr viel. Das war eine sehr prägende Zeit. Ich habe Dinge mitgenommen wie strategisch Denken, pragmatisch Handeln, „einfach mal machen“ und ganz wichtig: Erfolge gemeinsam feiern: „Work hard, party hard!“ Auch die Ambitionen für Spitzenleistungen und für Herausragendes habe ich aus der Zeit mitgenommen. Aber natürlich auch ganz viel Pragmatisches und Alltägliches, wie zum Beispiel strukturiertes Denken, Stakeholdermanagement, der Umgang mit schwierigen Situationen oder Menschen, die vielleicht ganz anders denken als man selbst. Methodenwissen, Prozessverständnis und vieles mehr. Beratung ist definitiv eine harte, aber eine gute Schule für Beruf und für das Leben.
Welche Stärken / Fähigkeiten braucht man für Deinen Beruf?
Was auf jeden Fall in jeder Führungsposition wichtig ist, dass man Sachverhalte schnell erfassen sowie schnelle und gute Entscheidungen treffen kann. Dann sicherlich ein gutes Datenverständnis. Bauchgefühl und Emotionen sind ebenfalls wichtig, aber immer nur in Kombination mit Daten. Dann auch das Thema Delivery, messbare Resultate. Man wird am Ende des Tages immer daran gemessen, was man erreicht hat. Das heißt für mich auch, man muss umsetzungsstark sein. Man muss selbst umsetzungsstark sein, aber auch die Mitarbeiter dazu befähigen, dass sie umsetzungsstark sind. Ansonsten, in so einem riesigen, internationalen Konzern wie DB Schenker mit so vielen Mitarbeitern, ist auch das Thema Komplexitätsmanagement wichtig. Komplizierte und komplexe Dinge müssen erfassbar und umsetzbar gemacht werden. Dies gilt auch in Bezug auf die Kommunikation. Das heißt klar, einfach und gewinnbringend zu kommunizieren. Das sind vielleicht ganz grob die Dinge, die mir einfallen würden, die es für meinen Job und wahrscheinlich generell für jede Führungsaufgabe braucht.
Was sind die drei wichtigsten Tipps für eine berufliche Karriere, die Du uns mit auf den Weg geben würdest?
Mit allgemeinen Tipps bin ich eher immer vorsichtig, da jeder Mensch sehr individuelle Ambitionen und Bedürfnisse hat. Nicht jeder möchte Manager werden. Für diejenigen die Karriere machen wollen, kann ich auf jeden Fall sagen, dass es wichtig ist immer in Vorleistung zu gehen. Nur basierend auf sehr guter Leistung erlangt man einen Job, Titel oder Gehaltserhöhung. Und nicht umgekehrt. Das andere ist das Thema messbare Resultate, was ich bereits angesprochen habe. Man wird immer an der erbrachten Leistung gemessen, das heißt, man muss Dinge erreichen, die messbar und sichtbar sind und diese auch kommunizieren. „Tue Gutes und sprich darüber.“ Dies sollte man allerdings mit einer gewissen Demut tun. Und als dritten Tipp würde ich sagen, dass man sich Netzwerke aufbauen und diese auch pflegen sollte. Dass man Mentoren findet, die einem weiter helfen auf seinem Weg. Dabei kommt es nicht auf die Quantität an, sondern darauf, die richtigen und wichtigen Leute um sich zu haben, die einem helfen sich weiterzuentwickeln oder einem auch konkrete Chancen bieten.
Abschließend haben wir für Dich fünf schnelle Fragen vorbereitet, die Du uns gerne beantworten darfst.
Was ist wichtiger, Theorie oder Praxis?
Praxis
Welche Person / Celebrity würdest Du gerne mal treffen?
Elon Musk
Was ist wichtiger: gesund oder lecker?
Gesund gibt’s auch mit Lecker
Dein Lieblingsbier ist?
Waldhaus
Du würdest dich als… beschreiben.
Macher mit Herz
Verfasser/in: Susanne Walter